Die Müngstener Brücke ist in vielerlei Hinsicht ein technisches Pionier- und Meisterwerk. Bis heute ist sie die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands und die Stahlbogenkonstruktion mit der größten Spannweite zur Zeit des Deutschen Reiches. Als älteste erhaltene Flusstalbrücke Deutschlands ist sie ein Meilenstein in der Entwicklung von Konstruktions- und Berechnungsverfahren mit wissenschaftlichen Methoden. Wahrscheinlich zum ersten Mal wurden neuartige Berechnungsmethoden, wie die »Theorie des elastischen Bogens«, angewandt. Sie war ein zentraler Baustein der Entwicklung der Industrieregion des Bergischen Städtedreiecks – Solingen, Remscheid, Wuppertal – mit ihrer exportorientierten Werkzeug- und Klingenindustrie.
Die Region muss seit jeher die Erschwernis topografischer Bedingungen technisch und gestalterisch meistern – die Brücke ist hierfür das prägende Sinnbild. Vor dem Bau der Brücke musste ein »Umweg« von Remscheid nach Solingen von 44 km hingenommen werden, obwohl die Luftlinie nur 8 km betrug. Erst durch die Brücke, die bis heute eine der ganz wenigen noch im Original erhaltenen Großbrücken in Deutschland aus der Phase der Zweiten Industriellen Revolution Ende des 19. Jahrhunderts ist, konnten die Weltmärkte seitens der Bergischen Industrie problemlos erreicht werden. Die durch die Brücke eingeführten hoch innovativen und effizienten Konstruktions- und Montagetechnologien bei Großbrückenbauten werden bis heute praktiziert. Daher hat die Brücke nicht nur für die Bautechnikgeschichte einen Rang von weltweiter Bedeutung, sondern sie ist auch eine Ikone des Industriezeitalters mit hohem Symbolwert und großer Anziehungskraft.