Einzelgärten und Regionen mit Gärten zu diesem Thema

Die Ernte von Obst und Gemüse war stets ein Hauptmotiv für die Anlage und Bewirtschaftung eines Gartens. Die Fruchtbarkeit des Gartens war aber auch sonst noch unverzichtbar: Kräuter und Heilpflanzen steigerten Vielfalt und Genuss der Speisen und dienten der Konservierung von Nahrungsmitteln sowie der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit. Wieder andere Pflanzen wurden kultiviert, weil sie für Haushalt und Handwerk unverzichtbar waren, z.B. für Textilien und deren Färbung.

Das Wissen um die Pflanzen, ihren Anbau und ihre Vermehrung sowie ihre sachgerechte Verarbeitung war dabei oft nur eingeweihten Kreisen vorbehalten. Es wurde von Generation zu Generation oder in Klöstern von einem Ordensbruder zum nächsten weitergegeben. Dieses Wissen zu vermehren und besser zugänglich zu machen, war und ist Aufgabe von Botanischen Gärten, Sammlungen, Schul- und Lehrgärten und vergleichbaren Einrichtungen.

Mit ihrer Ruhe und Natürlichkeit, mit ihrer positiven Wirkung auf Körper, Geist und Seele sind Gärten auch im weitergehenden Sinn „fruchtbar“. Besonders deutlich wird dies bei Kurparks und therapeutisch genutzten Gärten, die die Gesundheit, Rekonvaleszenz oder Wellness fördern.

Und sind in Zeiten knapper öffentlicher Gelder nicht auch die Parks und Gärten „fruchtbar“, denen es gelingt, die Mittel für ihren Erhalt (weitgehend) selber zu erwirtschaften – und dies ohne an Qualität einzubüssen?

Mehr dazu erfahren Sie in den Texten zu den „Fruchtbaren Gärten“ des EGHN und in den Hintergrundinformationen zu diesem Thema.

Es herrscht die weit verbreitete Vorstellung, dass ein Garten als Ort für Bäume, Blumen, Gemüse oder Obst nur einem einzigen Zweck gewidmet ist. Dieses Verständnis hat seinen Ursprung in der Art und Weise, wie Gartengeschichte vermittelt wird. In den frühesten geschichtlichen Aufzeichnungen finden wir den Garten als einen Raum, der vielfältigen Zwecken diente. In ihm wuchsen Schnittblumen ebenso wie Obstbäume; er bot Schutz vor der Sonne und lieferte Nahrungsmittel.

Ein Gemälde am Grab von Amenhotep III. in Theben (ca. 1350 v. Chr.) gibt den vollständigen Plan eines Landgutes wider. Es zeigt eine geometrische Anlage mit Alleen, die von Dattelpalmen, Granatäpfeln und Myrrhen beschattet waren. Es gibt formale Beete, die zum Anbau von Küchenkräutern und medizinischen Kräutern genutzt werden. Auch Blumen zur Dekoration der Villa sowie für religiöse Zeremonien wurden angebaut. Im Zentrum des Gartens bot eine, von Weinranken bewachsene Laube Nahrung, Schutz und Grundlage zur Weinherstellung. Es gab zahlreiche Fischteiche, in denen die heilige Lotosblume wuchs. Die Fische, ebenso wie die essbare Wurzel der Lotosblume dienten der Versorgung mit Lebensmitteln. Dieses frühe Beispiel zeigt, dass selbst in unseren ältesten Zivilisationen Pflanzen sowohl für eine bestimmte Funktion als auch zum Schmuck genutzt wurden. Der Garten war immer ein produktiver und multifunktionaler Raum, ein Raum der Erbauung und Erholung.

Horace Walpole stellte in seinem Werk “The History of Modern Taste in Gardening” fest, dass das Wort “Garten” im Laufe der Zeit in verschiedenen Ländern unterschiedliche Bedeutungsinhalte hatte. Mit dem Küchengarten und dem Obstgarten nahm die Gartenidee ihren Anfang. Doch auch dieser Ansatz ist zu stark vereinfacht, wenn man etwa an die Gärten des Alkinoos in der Odyssee denkt,

„ … mit einem kleinen Obst- und Weingarten, einigen Kräuterbeeten und zwei Brunnen für die Bewässerung, das Ganze umschlossen von einer Hecke. Die gesamte Ausdehnung dieses pompösen Gartens betrug rund 1,5 Hektar. Hier standen Apfelbäume, Granatäpfel, Birnen, Oliven und Weinreben“… (i)

Homer beschrieb den Garten als das Ideal des Paradieses – ein Jahr voller Früchte und anmutiger Schönheit:

Große Bäume künden von fruchtbarer Erde,
Der rötende Apfel erlangt goldene Reife.
Hier diese blaue Feige quellt über vor köstlichem Saft,
Tiefrot strahlt der Granatapfel.
Dieser Ast hier biegt sich unter der schweren Birne,
Und allzeit zeigen sich grüne Oliven.

Beete verschiedenster Kräuter, immergrün
In wunderbarer Ordnung umrahmen die Szene. … (ii)

Walpoles Bemerkung, der Garten sei pompös, hängt damit zusammen, dass er auf ein Konzept vom Garten als natürliche Landschaft fixiert war, statt auf den kontrollierten, ornamentalen Gartentyp. Doch kontrolliertes Wachstum war die Natur dieser antiken Gärten, denn sie gewährleistete nicht nur eine leichtere Organisation, oftmals in kleineren Einheiten, sondern entsprach auch dem Schönheitsideal.

Wilhelmina Jashemskis Ausgrabungen antiker Gärten an den römischen Fundstätten von Pompeii, Torre Annunziata und Herculaneum zeigen eine ähnliche Form des eingefassten Gartens, der neben Obstbäumen und Weinreben, auch dekorative Pflanzen und Elemente wie Brunnen und Statuen enthielt. In Herculaneum gab es einen kleinen Obstgarten und selbst in den kleinsten Gärten fand sich ein Platz, um Kräuter wie Rosmarin und Lorbeer zu kultivieren.

Jashemski fand heraus, dass frühere Gärten eher formlos waren und Nuss- und Obstbäume, einschließlich Olivenbäume, aufwiesen. Sie bezieht sich dabei auf ein kleines Haus mit Garten (I. xii II), das in Pompeii gegenüber dem Haus „Schiff Europa“ liegt und vermerkt, dass es sich von allen anderen bisherigen Funden unterscheidet.

„Offensichtlich war der Garten mit niedrigen Stauden sehr formal angelegt … In der Mitte des Gartens befand sich ein kleiner Säulensockel, der von immergrünen Pflanzen eingefasst war und bei denen es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um geschnittenen Buchsbaum handelt. Seitdem war es relativ klar, dass viele alte Häuser in Pompeii den formellen Charakter der Gartengestaltung fortsetzten, bis die Stadt im Jahre 79 n. Chr. zerstört wurde. Jedoch gab es daneben auch mehr informal gestaltete Gärten.“ (iii)

Der Peristil-Garten, ein eingefriedeter Garten, der teilweise von einem gepflasterten Weg umgeben war, zeigt Pflanzen, die sowohl Lebensmittel, Farben und Medizin lieferten, als auch für Schönheit sorgten. Dieser Ansatz wurde zum Gartenmuster der folgenden Jahrhunderte, denn die Einfriedung bot Schutz vor der wilden Natur und Diebstahl.

Der große St. Galler Klosterplan (ca. 900 n. Ch.) zeigt die Gartenräume im Klostergelände in Zusammenhang mit den Gebäudefunktionen. Das Hauptgebäude des Klosters liegt inmitten der Siedlung, aber es beeinflusst auch die Form verschiedener anderer Gärten. Marie Gothein erwähnt den Garten neben dem Krankentrakt oder den Heilkräutergarten, mit 16 linear angelegten Hochbeeten, die sorgfältiger Pflege bedurften. Bei den Pflanzen in den Klostergärten erwähnt sie

„ … Rosen und Lilien, daneben Salbei, Rosmarin und andere schön aussehende und duftende Kräuter. So lieferte dieser kleine Garten nicht nur heilende Medizin für die Kranken, sondern auch einen lieblichen Anblick für die Rekonvaleszenten.“ (iv)

Die Trennung von Obst- und Blumengarten begann in der Renaissance. Vom 18. Jahrhundert an waren Obst und Gemüse normalerweise auf den Küchengarten beschränkt, da sie dem visuellen Geschmack der Zeit nicht entsprachen. Der Garten entwickelte sich zum Gebäudeschmuck und zum Ausdruck der Lebensart. Farbe, Form und Gestaltung beeindruckten den Besucher und boten eine imposante Zuschaustellung von Reichtum und Geschmack, während Obst und Gemüse unsichtbar im Hintergrund blieben. Die idealisierte natürliche Landschaft des englischen Stils sorgte dafür, dass Obst und Gemüse aus dem Blickfeld verschwand. Verborgen in den Anwesen der Reichen, blieben sie dennoch ein integraler Bestandteil des „Cottage-Gartens“, der enger an den alltäglichen Bedürfnissen des Lebens orientiert blieb.

Der Eigenanbau von Obst und Gemüse verlor im selben Maße an Bedeutung, wie die städtische Bevölkerung wuchs. Aber mittlerweile lebt das Interesse an selbst gezogenem Obst und Gemüse, insbesondere im städtischen Umfeld, wieder auf. Dies ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen, darunter die Skepsis gegenüber der Massenproduktion mit Herbiziden, Pestiziden und chemischen Mitteln. Manche selbst gezogene Arten sind aus verschiedenen Gründen nicht lange haltbar oder wirtschaftlich nicht tragfähig. Sie haben jedoch oft einen besseren Geschmack und höheren Vitamingehalt. Weitere Gründe, wie z.B. die Erhaltung historischer Pflanzensorten und Anbaumethoden, haben für zunehmendes Interesse gesorgt. Im Zusammenhang mit dem Thema Nachhaltigkeit geht es besonders um den Erhalt des genetischen Pools.

EGHN stellt eine Reihe von „Fruchtbaren Gärten“ vor, die zu den besten Beispielen in Norwesteuropa gehören. Sie sind allesamt größere Anlagen mit vielen Facetten, aber jede einzelne bietet individuelle Anstöße, wie man den eigenen Garten oder auch öffentliche Gärten weiterentwickeln kann. Der legendäre „Jardin Potager“ in Villandry (F), der auf den Stichen Cerceaus aus dem 16. Jahrhundert basiert, beeindruckt und inspiriert fortlaufend Gärtner und Gartengestalter, die Obst und Gemüse in dekorativer Form anbauen möchten. Es gibt keinen Zweifel darüber, dass selbst angebaute Tomaten und Äpfel Geschmackserlebnisse vermitteln, die jenseits dessen liegen, was der örtliche Supermarkt bieten kann. Manche dieser Gärten sind traditionell ausgerichtet. Andere Gärten werden immer zukunftorientierter und beginnen im Zusammenhang mit alternativen Energien mit der Pflanzenproduktion für Biomasse, z.B. der zeitgenössische Garten „Dycker Feld“ am Schlosspark Dyck in Jüchen (D).

In den letzten Jahren sind eine Reihe von Küchengärten in Tatton Park (GB), einem Anwesen aus dem 18. Jahrhundert, restauriert worden. Innerhalb des 2,25 Hektar großen Küchengartens befindet sich ein voll funktionstüchtiger Gemüsegarten. Der Obstgarten wurde kürzlich wieder neu bepflanzt, und es ist interessant sich vorzustellen, wie ein solcher Garten in früherer Zeit wohl funktioniert hat. Das kürzlich renovierte 36 Meter lange „Pinery“ (Ananashaus) im Obstgarten, gehört zu den wenigen, die es heute noch gibt. Es wurde im August 2006 eröffnet. Die Ananas als „Königin der Früchte“, zählte zu den exotischsten und schwer zu kultivierenden Früchten. Sie war der kulinarische Höhepunkt eines jeden Festessens. Ananas wird in Tatton Park auf traditionelle Weise angebaut, wobei Sorten aus der Zeit vor 1911 verwendet werden. Nach Sam Youd, heutiger Leiter der Gärten, bildet das „Pinery“ das letzte Stück im historischen Puzzle von Tatton. Darüber hinaus gibt es Feigen- und Orchideenhäuser sowie ein Haus für Weinreben.

Einer der schönsten Küchengärten in Europa befindet sich beim Schloss van Gaasbeek bei Brüssel (B). Seit der Eröffnung 1998 als Museum, hatten die Pflanzen, insbesondere die Obstbäume, genügend Zeit, sich zu entwickeln. Dieser Garten unterscheidet sich grundsätzlich von Tatton Park, wo heute mit modernen Techniken gearbeitet wird. Im Gegensatz dazu werden die Obstbäume in Gaasbeek in die erstaunlichsten Formen geschnitten und gezogen: Sie bilden Pyramiden, Kreise, Spiralen, Diagonalen, Kronleuchter usw. Hier werden seltene und historische Obstsorten – vor allem Apfel, Birne und Pflaume – kultiviert. Das Museum experimentiert mit speziellen Obst-Schnitttechniken und zieht verschiedene Birnensorten in Flaschen, die nach Frankreich exportiert werden, wo man sie mit Obstgeist füllt. Ebenso finden sich Gemüse, Kräuter und Blumen in den Gärten. Gaasbeek bietet darüber hinaus Lehrgänge zur Demonstration alter Schnitt- und Spaliertechniken, nützliche Seminare für Gärtner und Gartengestalter und sorgt für den Erhalt seltener und historischer Sorten.

Mit traditionellen Methoden und Pflanzen hat Painshill (GB) einen Teil der Weingärten wiederbepflanzt, die Charles Hamilton im 18. Jahrhundert angelegt hatte. 40 Jahre lang, bis 1790, waren die Weinberge, die den See überblicken, in Betrieb. Wie so vieles verschwanden auch sie im Laufe der Zeit, aber 1993 wurden sie mit Chardonnay, Seyval blanc und Pinot noir wieder kultiviert.

Die Gartenlandschaft um Schloss Dyck (D) geht in ihrer Gestaltung weit über eine reine Wiederherstellung hinaus; sie hat sich weiterentwickelt, moderne Ideen und Experimente wurden integriert. Im Gegensatz zu England und Frankreich, wo die Hauptsaison im Sommer liegt, bilden in Schloss Dyck Oktober und November aufgrund der Apfelernte die besucherstärksten Monate. Zudem verkauft der Hofladen je nach Jahreszeit Äpfel verschiedenster Sorten, Birnen, Erdbeeren, Honig, Säfte und anderes Obst. Im Parkgelände befindet sich eine Reihe von Schaugärten, in denen Obstbäume, Gemüse und Kräuter wichtige Gestaltungselemente sind. Diese Schaubeete dienen Besuchern als Beispiele für die eigene Gartengestaltung.

Gegenüber dem Schlosspark befindet sich der zeitgenössische Miscanthusgarten, der nicht nur eine Reihe von unterschiedlichsten Schaugärten und Skulpturen enthält, sondern auch den Miscanthus selbst, der jedes Jahr zur Weiterverarbeitung zu Brennstoff und Wärmedämmung geerntet wird.

Mustergärten, ähnlich denen von Schloss Dyck, findet man auch in Kijktuinen (NL) und im Bridgemere Garden Centre (GB), wo man die Gärten der Preisträger der RHS-Gartenschauen von Chelsea und Tatton nachgebildet hat. Manche Einrichtungen wie Schloss Dyck oder der Kreislehrgarten Steinfurt (D) haben ihre Mustergärten als Basis zur Entwicklung von Ausbildungszentren, in denen Seminare und Kurse angeboten werden, weiterentwickelt und ausgebaut.

In allen EGHN-Partnerregionen gibt es vielfältige Formen botanischer Gärten, z.B. in Nordrhein-Westfalen (D) den Botanischen Gärten Rombergpark in Dortmund (D) und den Botanischen Garten der Universität Münster (D) oder Ness Botanic Gardens in Cheshire (GB). Hier geht es nicht nur um die Ausstellung seltener Pflanzen, sondern auch um die Einführung neuer Pflanzenarten und die Erhaltung alter Arten. Botanische Sammlungen sind außerdem in historischen Anlagen – insbesondere in Parks von Heil- und Kurbädern – zu finden. Parks und Gärten, in denen frische Luft, lange Spaziergänge und Entspannung Teil der Kurbehandlung bildete, galten als integraler Bestandteil von Gesundheit und Wohlbefinden. Dies führte dazu, dass wir in Städten wie Bath (GB) einige der bedeutendsten Parklandschaften mit herrlichen Baumarten finden, die heute als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt sind. Fachkundige Gestalter wurden zur Planung der Kuranlagen herangezogen. Johann Georg Kahl schuf den Rosengarten (1872) im Kurpark von Bad Salzuflen (D), ein Parkareal von 126 Hektar mit einer ständig expandierenden Pflanzensammlung. In den 1850er Jahren gestaltete Peter Josef Lenné die Gärten des Kurparks Bad Oeynhausen (D). Als Ergebnis der Landesgartenschau 2000 (D) kam die Aqua Magica (Magisches Wasserland) hinzu, die eine Verbindung von Natur, Technologie, Gesundheit und Kunst herstellt. Diese Parks und Gärten – seien sie formal oder im landschaftlichen Stil – sind eine reichhaltige Quelle für verschiedenste Pflanzenarten und gleichzeitig bedeutend für die Identität und wirtschaftliche Stärkung einer Region.

Auf der anderen Seite sind die kleinen Produzenten zu nennen, bei denen es sich vielfach um private Eigentümer handelt, die spezielle Pflanzen züchten. Es gibt besondere Vereine für Gemüse- oder für Blumenzüchter. Viele Produzenten zeigen ihre preisgekrönten Produkte auf lokalen und regionalen Ausstellungen. Es gibt eine lange Tradition dieser Vereinigungen, die eigene Regeln und Kriterien für Obst, Blumen und Gemüse entwickelt haben.

Dort, wo das Land knapp ist oder viele Menschen in Wohnungen leben, erfüllen Schrebergärten das Bedürfnis, eigene Pflanzen anzubauen und mit der Natur verbunden zu sein. Die Kleingärten von King’s Lane Dawson in Wirral (GB) sind so erfolgreich, dass hier mittlerweile öffentliche Führungen stattfinden, deren Erlöse wohltätigen Zwecken zugute kommen. Interessenten müssen sich auf eine Warteliste setzen lassen, denn die Nachfrage nach Schrebergärten hat in den letzten Jahren zugenommen. Die Kleingärten entlang der Ruhr, z. B. die Kleingartenanlage in Castrop-Rauxel (D) bei Haus Goldschmieding unterscheiden sich grundlegend von ihren englischen Pendants, die im Wesentlichen utilitaristisch ausgerichtet sind. Die deutschen Kleingartenanlangen, die auch in Holland und Belgien zu finden ist, beinhaltet Gärten in Kleinformat mit makellos gepflegten Blumen, Gemüse und Obstbäumen. Viele sind mit Gartenhäuschen ausgestattet, so dass Familien hier den Tag verbringen und gelegentlich auch übernachten können. Die Struktur der spezialisierten Gärtner und ihrer Vereinigungen ist sehr zersplittert und es ist unmöglich, einen umfassenden Gesamteindruck von Nordwesteuropa zu erhalten.

Die Annahme, beim Stichwort „Produktion“ gehe es nur um Früchte und Gemüse, führt in die falsche Richtung, wenn man bedenkt, dass das Gartenbaugewerbe in beachtlicher Weise zur Stärkung der nordwesteuropäischen Wirtschaft beiträgt. Allein in Großbritannien beläuft sich der jährliche Beitrag des Gartenbaus auf schätzungsweise 6,3 Mrd. €. Zum Teil ist dies auf die demographische Entwicklung, die durch eine zunehmende Überalterung gekennzeichnet ist, zurückzuführen. Ein weiterer Grund ist die vermehrte Freizeit verbunden mit einem wachsenden Interesse an einer gesunden Lebensweise. Bäume, Stauden, Bodendecker, Blumen – ein- und mehrjährig – werden auf kommerzieller Basis regionsweit gezüchtet. Die Palette weiterer Produkte mit Gartenbezug ist breit: Kompost, Dünger, Wegebelag, Gartenmöbel, Beleuchtung, Skulpturen und damit verbundene Dinge wie Drainage, elektrische Leitungen, Zement usw. gehören dazu. Industrie, Transportwesen, Marketing und viele andere profitieren vom Absatz dieser Produkte. Der „Garten“ ist damit nicht nur eine wesentliche Triebfeder der Wirtschaft, sondern auch ein integraler Bestandteil unseres wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Lebens.

EGHN zeigt auf, dass Parks und Gärten zu den weichen Standortfaktoren einer Region zählen, d. h. zur Lebensqualität beitragen. Es ist schwierig, die wirtschaftlichen Effekte von Gartenanlagen in absolute Zahlen zu fassen. Dies liegt auch daran, dass es schwierig ist, Standardmethoden und Standardmodelle der Wirtschaftswissenschaft auf eine Branche anzuwenden, was selbst außerordentlich schwer zu definieren ist.

Gärten und ihre Produkte werden bei regionalen und nationalen Veranstaltungen in den Mittelpunkt gestellt. Gartenfestivals und große Blumenaustellungen bieten eine konkurrenzlose Bühne für Ideen und Produkte. Gartenschauen, die in Großbritannien im zehnjährigen Turnus und in Deutschland im Zweijahres-Rhythmus stattfinden, gelten als Impuls zur wirtschaftlichen Regenerierung von Regionen und sind Gegenstand starker politischer Einflussnahme, wenn es um Austragungstermine und -orte geht. Diese Veranstaltungen ziehen eine langfristig wirksame Sanierung und Infrastrukturen für die Weiterentwicklung in der Phase nach der Gartenschau nach sich.

In einem anderen Maßstab sind regionale Gartenschauen zu sehen, die von einigen Tagen bis zu mehreren Wochen dauern können. Chaumont (F) ist bekannt für sein innovatives Design, während die Tatton Flower Show der Royal Horticultural Society (GB) besonderes Gewicht auf Pflanzen und Gestaltung legt und gleichzeitig ein großer Markt unter freiem Himmel für Gartenprodukte aller Art ist. Schloss Dyck in Jüchen (D) erlebte die Schaffung großer zeitgenössischer Gärten, die zur Landesgartenschau EUROGA 2002 + angelegt wurden.

Veranstaltungen wie diese setzen Parks und Gärten ins öffentliche Rampenlicht, werben für ihre Produkte und zeigen, wie man sich mit Gärten beschäftigen und sie genießen kann. Ein Rat ist leicht zu finden und die Begeisterung ist schnell geweckt, wenn Menschen Pflanzen sammeln, pflegen und aufziehen. Doch eigentlich geht es bei einem Garten gar nicht um Pflanzen, sondern um Leben und darum, sich an ihm zu erfreuen.

Denken Sie an den Rat von John Lawrence, der über den Garten schrieb:

“Für einen weisen Mann ist es ein großes Vergnügen und eine schöne Abwechslung, immer etwas, aber nie zu viel zu tun zu haben.“ (v)

Autor der englischen Originalversion:
Prof. E M Bennis, Manchester Metropolitan University
für EGHN, 2006

Quellenangaben:
(i) Walpole, Horace The History of Modern Taste in Gardening Ursus Press, New York 1995 (1782), S.19
(ii) Ibid, S. 20
(iii) MacDougall, E & Jashemski, W (Ed) Dumbarton Oaks Colloquium on the History of Landscape Architecture VII; Chapter The Campanian Peristyle Garden by Wilhelmina Jashemski, Dumbarton Oaks, 1981, S. 39
(iv) Gothein, Marie L A History of Garden Art Dent, London 1928 (1913) Vol.I, S.173
(v) Lawrence, J The Clergy-Man’s Recreation: Shewing the Pleasure and Profit of the Art of Gardening Lintott, London 1717, S.19

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