Landschaft als erweiterte Skulptur
Während der Planung und Realisierung der Außenanlagen in Sinsteden, mit denen 1993 begonnen wurde, erhielt Ulrich Rückriem erstmalig die Möglichkeit, eine Landschaft für seine Skulpturen zu entwerfen, da die Außenanlagen des Geländes vor dem Bau der Hallen überwiegend landwirtschaftlich genutzt waren.
Es entstanden verschiedene Bereiche, die zeitlich nacheinander umgesetzt und additiv aneinander gereiht sind: der erste, streng symmetrische angelegte Teil zwischen den Hallen und der Hofanlage des Landwirtschaftsmuseums, in dem Skulpturen aufgestellt sind; der später entstandene, nachempfundene Waldrand, und schließlich die Streuobstwiese.
Zwei Sammlungen, die gegensätzlicher nicht sein können, bilden das Kulturzentrum Sinsteden des Rhein-Kreises Neuss. Es sind die Skulpturen-Hallen Ulrich Rückriem und das Landwirtschaftsmuseum mit einem fünf Hektar großen Außengelände. Die Anlage zeigt verschiedene Aspekte der Landschaftsgestaltung, die die Kunst ebenso mit einbeziehen, wie die Landwirtschaft. Hier zeigt sich die Verbindung beider Einrichtungen.
Skulpturen können neben der Installation im Innenraum auch in den Außenbereich gestellt werden, was Ulrich Rückriem seit den Anfängen seiner bildhauerischen Tätigkeit realisiert. Entsprechend seiner Kunstauffassung für den Innenraum steht die Skulptur im Außenbereich in Bezug zu ihrem vorgefundenen Umfeld, einer Architektur, einem Platz oder einer Landschaft. Im Gegensatz zu der möglichst neutralen Kulisse im Innenraum sucht Rückriem in den Außenanlagen den bewussten Dialog mit der Natur und schafft eine gleichwertige Verbindung.
Seit Anfang der 80er Jahre begann Rückriem sich im Rahmen seiner Installationen und auf der Suche nach neuen Möglichkeiten mit Gartenkunst und Landschaftsplanung zu befassen. Dem folgten erste Versuche, seine Skulpturen in eine vorgegebene Landschaft einzubinden. Das erste größere Projekt war in Essen die Zeche Zollverein, dem folgten Planungen für Turin 1995/6 und Paris 1996/7, die jedoch nicht realisiert worden sind. Weitere Projekte folgten:
„Eine Arbeit kann ich in einen Ort stellen, den Standort betonen und sie als etwas ganz eigenes, selbstständiges ansehen, […]. Ich kann die Arbeit aber auch integrieren, die nähere oder weitere Umgebung mit einbeziehen, d.h. mit gestalten. Dem Ort kann ich einen neuen, zusätzlichen Inhalt geben und sogar die praktische Funktion verändern. Die eigene Arbeit kann aber auch ganz herausgelassen werden, die Veränderung des Ortes und der Umgebung steht im Mittelpunkt.“ schreibt Ulrich Rückriem für seine Arbeit in Münster 1997.
Den Mittelpunkt des symmetrisch angelegten Bereiches der Anlage bildet eine Rasenfläche, die von Hainbuchenhecken und Beeten, die mit Bäumen, Efeu und Lorbeer bepflanz sind, umgeben ist. Blumen oder blühende Sträucher, die Farbigkeit gebracht hätten, sind von Rückriem in der Anlage nicht gewollt. Parallel zu den Hallen und dieser Bepflanzung wurden zwei Wege angelegt, die im rechten Winkel aufeinandertreffen. Der Weg, der vor der kleineren Halle verläuft und in die weitere Anlage führt, ist von zwei Skulpturen flankiert, die sich gegenüber stehen. Das dahinter liegende Gelände wurde leicht angehoben und weist auf die dritte Skulptur hin, die in einiger Entfernung steht. Zwei Obstbaumreihen entlang des Weges stellen gleichzeitig eine Verbindung zur Skulptur her und bilden das die Komposition schließende Element. Eine weitere Hainbuchenhecke hinter der dritten Skulptur bildet einen räumlichen Abschluss. Dem symmetrischen Bereich wurde auf einer weiteren Parzelle ein natürlich nachempfundener Waldrand gegenübergestellt, in dessen Mitte eine große Rasenfläche angelegt wurde. Hier finden in den Sommermonaten Veranstaltungen statt.
Vor der landwirtschaftlichen Halle wurde der dritte Bereich, die Streuobstwiese angelegt. Die Bäume wurden, nach dem Wunsch von Ulrich Rückriem, auf einem imaginären Gitternetzsystem, deren Linien orthogonal aufeinander treffen, gepflanzt. Analog der Installation der Stelen im Innenraum werden die Bäume so gesetzt, dass niemals zwei Bäume auf einer Quer- oder Längslinie stehen. Hier zeichnet sich parallel zu seinem bekannten skulpturalen Werk eine Entwicklung ab, in der die Skulptur stärker zurückgenommen und das Umfeld eine größere Bedeutung erhält, bis er in einigen Projekten, wie hier, die bildhauerische Tätigkeit schließlich ganz auf die Landschaftsgestaltung überträgt.
Die Möglichkeiten zur Gestaltung der Architektur und des Außengeländes, die der Rhein-Kreis Neuss Ulrich Rückriem geboten hat um seine Vorstellungen ohne größere Einschränkungen umzusetzen zu können, geben eine Begründung für die Wahl für Sinsteden. Fernab des Düsseldorfer und Kölner Kunstgeschehens und ohne weitere Künstler in unmittelbarer Nähe zu haben, konnte Rückriem die für ihn optimalen Ausstellungsräume bauen und Außenanlagen erstmalig selbst gestalten. Doch ist es nicht nur die optimale Präsentation seines Werkes, so wie er es sich schon lange zuvor vorgestellt und gewünscht hat, sondern auch ein Refugium für ihn selbst, indem er sich mit seiner Kunst auseinandersetzen und viele neue Skulpturen zum ersten Mal aufgebaut betrachten kann. Auch der Besucher, der Rückriem schon lange kennt, oder aber mit seiner Kunst zum ersten Mal konfrontiert wird, kann hier dem Kunstverständnis Rückriems wie nirgends sonst näherkommen.
Kathrin Wappenschmidt
Adresse:
Rhein-Kreis-Neuss
Kulturzentrum Sinsteden
Grevenbroicher Straße 29
41569 Rommerskirchen
Email: kulturzentrumsinsteden@rhein-kreis-neuss.de
Website: http://www.rhein-kreis-neuss.de/de/freizeit-kultur/kulturzentrum-sinsteden/index.html
Eigentümer: Rhein-Kreis-Neuss
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag und feiertags von 12.00 bis 17.00 Uhr
Preise: 4.- Euro Erwachsene; 1.50 Euro Kinder und Jugendliche; 7.- Euro Familien
Führungen auf Anfrage: Tel: 02183-8067617
Museen: Skulpturenhallen Ulrich Rückriem (A und B)
Wissenschaftlicher Geflügelhof des Bundes Deutscher Rassegeflügel (BdRG)
Landwirtschaftsmuseum mit Außenbereich
Archiv des Rheinischen Kaltblutpferdes
Archiv der ICH/CASE
Touristische Informationen:
- Shop: Nein.
- Café / Restaurant: Ja.
- WC: Im Hof. Eine behindertengerechte Toilette ist vorhanden.
- Parken: Hinter der Streuobstwiese, 100 Meter vom Museumseingang.
- Bänke im Park: Ja.
- Durchschnittliche Aufenthaltsdauer (Garten und Skulpturenhallen): 60 Minuten.
- Barrierefreier Zugang: Die Hauptwege sind für Menschen mit Gehbehinderungen zugänglich.
- Hunde: Das Mitführen von Hunden ist nicht erlaubt.
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